Vertrauenswerte im Keller
Finanzberater verlieren in Österreich an Vertrauen – Nur an 16. Stelle im Ranking
Was haben Politiker, Fußballer, Autoverkäufer und Gewerkschaftsführer mit Finanzberatern gemeinsam? Sie nehmen laut einer aktuellen Reader’s Digest-Studie die letzten fünf Stellen der Vertrauensskala ein.
Noch vor den Finanzberatern findet man die Journalisten, Priester, die wegen der Missbrauchsvor- würfe schon seit einigen Jahren ziemlich abgeschlagen rangieren, die Reiseveranstalter und Taxifahrer.
Österreichs Finanzberater haben ein Vertrauensproblem. Nur 24 Prozent der ÖsterreicherInnen meinen, dass sie Vertrauen zu ihren Finanzberatern haben. Im internationalen Vergleich schneidet Österreich um zwei Punkte schlechter ab als der EU-Durchschnitt. Die nackten Zahlen beweisen das, was die Finanzberater im täglichen Geschäft erleben: Die Kunden wenden sich von ihnen ab. Vor fünf Jahren lag der Vertrauenswert für Österreichs Finanzberater noch bei 42 Prozent! Natürlich la- gen die Finanzkrise und die bekannten Skandale rund um AvW, Meinl oder Medoff dazwischen, aber es geht dabei nicht um Ursachen, sondern um Fakten und somit spricht das emotionale Barometer eine sehr deutliche Sprache.
SCHLECHTES ERGEBNIS BESTÄTIGT
Eine von Fidelity Worldwide Investment in Auftrag gegebene Studie bestätigt das schlechte Ergebnis. Die Umfrage legt offen, dass 32 Prozent der Österreicher ihren Finanzberatern weniger vertrauen als noch 2008. Das ist ein europaweiter Trend, aber kein Trost für die Betroffenen. „Die Finanzbranche steht in fast allen europäischen Ländern vor der Herausforderung, das Vertrau-
en der privaten Anleger wieder zu gewinnen. Die Anleger fordern, dass Berater stärker auf ihre Bedürfnisse eingehen und sie aktiv bei der Entscheidungsfindung unterstützen“, meint Adam Lessing, Fidelity-Chef für Österreich und Osteuropa, zu den Ergebnissen der Studie.
KUNDENBINDUNG NIMMT AB
Fast 40 Prozent der Befragten können sich vorstellen, ihren Berater zu wechseln. Von Treue kann angesichts dieser Zahlen wohl kaum mehr gesprochen werden.
ANDERE ALS VORBILDER
Am anderen Ende der Skala finden sich unangefochten die Feuerwehrleute, Apotheker, Krankenschwestern und Pi- loten und schon mit etwas Abstand die Ärzte. Zwar scheinen Werte jenseits der 90 Prozent unwahrscheinlich, aber Verbesserungen sind wohl im Sinne der Berater. Qualitätsoffensiven, eine bessere Ausbildung, eine Umstellung des Vergütungssystems oder ein Wechsel des Produktverkaufs hin zur ganzheitlichen Beratung sind einige bereits von Experten genannte Ideen. „Die Anleger fordern, dass Berater stärker auf ihre Bedürfnisse eingehen und sie aktiv bei der Entscheidungsfindung unterstützen“, so der österreichische Fidelity-Chef Adam Lessing.
Zur Person am Foto:
Dr. Adam Lessing (geb. 1960) leitet bei Fidelity International seit 2010 den Ver- trieb in Deutschland und ist als Head of Austria and Eastern Europe für das Geschaäft in Österreich und den Ausbau der Unternehmenstätigkeit in Osteuropa verantwortlich.